Türkei stürmt ins Finale

Die Türkei kam zur EuroBasket, um für Aufsehen zu sorgen, doch selbst die optimistischsten Prognosen hatten mit einem derart klaren Erfolg nicht gerechnet. Es geht ...

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Von Niko Jens Schwann

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Die Türkei kam zur EuroBasket, um für Aufsehen zu sorgen, doch selbst die optimistischsten Prognosen hatten mit einem derart klaren Erfolg nicht gerechnet. Es geht hier nicht nur um das Was, Wann oder Wo – sondern vor allem um das Wie. Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte hat sich die türkische Auswahl fürs EuroBasket-Finale qualifiziert, indem sie mit einem Basketballstil jede Hürde überrollte. Ihr jüngstes Opfer war Griechenland, das mit 94:68 unterging.

Mit Jokic und Giannis bereits aus dem Turnier hat die Türkei nur noch eine letzte Hürde auf dem Weg zu einem historischen Gold zu überwinden. Und obwohl sie schon zwei NBA-MVPs eliminiert hat, könnte dieser finale Test der schwerste sein: eine deutsche Mannschaft, die ihre Dominanz festigen will – mit der kontinenten Krone, die ihr 2022 auf heimischem Parkett entglitt. Auch Deutschland tritt ungeschlagen an, und nur ein Team wird diese Serie am Sonntag fortsetzen.

Türkischer Lockdown

Das Spiel machte schnell deutlich, wie die Dinge laufen würden. Die Türkei beherrschte in den ersten 20 Minuten beide Enden des Feldes – erst mit einer soliden Führung, dann mit Nachdruck ausgeweitet und schließlich unmissverständlich klar gemacht. Nur ein Team war wirklich präsent, vor allem dank Atamans ausgezeichneter Defensivstrategie.

Ein Großteil dieses Plans stützte sich auf unerbittlichen Druck auf den Ball von Beginn jeder Possession an. Griechenland musste seine Angriffe oft weit weg vom Korb einleiten und brauchte mehrere Sekunden, um überhaupt an die Dreierlinie zu gelangen – falls ihnen das gelang. Enges Verteidigen und zugestellte Passwege machten den griechischen Guards das Leben zur Hölle. Die Folge: viele Ballverluste und steigende Frustration.

Spanoulis versuchte zwei Anpassungen, doch beide schlugen fehl. Erst rief er Ballscreens aus, was nur ein trap der türkischen Defense auslöste. Dank herausragender Help-Rotationen führte das zu noch mehr Ballverlusten. Als Zweites wollte er Giannis im Low-Post etablieren, doch die zusätzlichen Körper und die Größe, die man dem Bucks-Star entgegenschickte, sorgten für einige seiner unbequemsten und ineffektivsten Minuten in diesem Turnier.

Damit waren Griechenlands Probleme aber noch nicht erschöpft. Am anderen Ende wurden sie regelrecht auseinandergenommen. Das türkische spacing fand Wege, Giannis’ Angewohnheit, zurückzufallen und die Zone zu beschützen, zu bestrafen – unter anderem, weil Alperen Sengun mehr als playmaker statt als finisher agierte und Ercan Osmani Dreier versenkte. Es war ein Kollektiv, das beinahe so sehr beeindruckte wie seine Verteidigung und zur Halbzeit bereits einen 21-Punkte-Vorsprung aufbaute.

Griechische Tragödie

Diesen Rückstand wettzumachen, hätte eine monumentale Antwort erfordert – doch es gab keine. Spanoulis versuchte in der zweiten Halbzeit einen weiteren Kniff und stellte Giannis auf die Center-Position. Aber es gibt Momente in einem Spiel, in denen keine Anpassung mehr hilft. Der mentale Schlag war so heftig, dass manchem griechischen Spieler jeglicher Glaube fehlte. Ein Team schien wie auf einer Rakete unterwegs, das andere mit Stützrädern.

Die Türkei hätte vermutlich auch von der Mittellinie treffen können, und Griechenland wäre trotzdem nicht in Fahrt gekommen. Die zweite Halbzeit wirkte wie eine schlechte Fortsetzung des ersten Durchgangs: ein überflüssiges Anhängsel. Dieses Duell war de facto nach 20 Minuten entschieden – vielleicht sogar früher. Angesichts der türkischen Überlegenheit könnte man argumentieren, ein richtiger Wettbewerb habe nie stattgefunden.

Herausragende Akteure

Hier sind die Top-Performer aus der Partie Türkei–Griechenland.

Ercan Osmani

Wie viele Spieler können von sich behaupten, auf beiden Seiten des Feldes gegen Giannis Antetokounmpo angetreten zu sein – und beiden Duellen ihren Stempel aufgedrückt zu haben? Offensiv bestrafte er mit seinem Dreierwurf eine griechische Verteidigung, die vor allem den Ring schützen wollte. Defensiv hielt er Giannis – mit Teamunterstützung – vom gewohnten Finish fern und erzwang einige Ballverluste und Offensivfouls. Am Ende standen 28 Punkte, 6 Rebounds, 2 Assists und 2 Steals in der Statistik. Eine echte Lehrstunde.

Alperen Sengun

Obwohl er diesmal nicht so effizient war, setzte der Rockets-Big Man erneut ein dickes Ausrufezeichen und stärkte damit seine MVP-Ambitionen. Umringt von Verteidigern nutzte er den zusätzlichen Fokus, um seine Mitspieler einzusetzen und den türkischen Angriff am Laufen zu halten. Zudem war er defensiv und beim Rebound so aktiv wie immer, gefühlt überall zur gleichen Zeit, auch wenn er mit 15 Punkten sein niedrigstes Turnier-Scoring verzeichnete.

Cedi Osman

Er lieferte erneut eine ausgewogene Leistung. Mit 17 Punkten punktete er sowohl in Korbnähe als auch von draußen, verteidigte aggressiv und forcierte Steals, die schon in der Anfangsphase für schnelle Fastbreaks sorgten. Die Türkei verzeichnete eine +32-Bilanz mit ihm auf dem Parkett – ein klares Zeichen für seine Bedeutung.

(Titelbild: FIBA)

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