Robert Horry glänzt: Der Clutch-König der Finals

Wenn die NBA Finals ihren Siedepunkt erreichen, wenn der Druck unerträglich wird und jede Possession sich wie eine Ewigkeit anfühlt, haben nur wenige Spieler in ...

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Von Niko Jens Schwann

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Wenn die NBA Finals ihren Siedepunkt erreichen, wenn der Druck unerträglich wird und jede Possession sich wie eine Ewigkeit anfühlt, haben nur wenige Spieler in der Geschichte so präzise geliefert wie Robert Horry.

Während andere Spieler ihre Karrieren im Rampenlicht aufbauen, wurde Horry zum Inbegriff von “winning time.” Seine lange Laufbahn war ein einziges Highlight, eine Abfolge von Arpeggios, die an Zimmer und Djawadi erinnerten—episch und legendär.

Seine clutch-Momente entstanden immer in den brenzligsten Situationen, angetrieben von seiner Fähigkeit, unter Feuer eiskalt zu bleiben. Er hatte ein Gespür dafür, wie aus dem Nichts unmögliche Dreier zu versenken, wichtige Rebounds zu greifen oder entscheidende Defensivaktionen zu machen, wenn eine Championship am seidenen Faden hing.

Sein Vermächtnis ist nicht nur das eines unermüdlichen Gewinners, sondern das eines clutch-Spielers, der neu definierte, was es heißt, als Star im Schatten zu glänzen.

Er ist beinahe eine Blaupause für jeden Spieler der Indiana Pacers, der sich auf das bevorstehende Game 7 vorbereitet.


Auf die große Bühne: 1994, Knicks vs. Rockets

Die Finals 1994 waren gnadenlos. Sie waren so rau wie alles, was die moderne NBA je gesehen hatte.

Zwei physische, methodische, defense-orientierte Teams kollidierten in einem Finale, das kaum Raum für Highlights ließ. Doch da war Robert Horry, in seinem zweiten Jahr, als Starter bei den Rockets bereits ein zentraler Baustein in den Plänen von Rudy Tomjanovich.

Diese Serie wird immer für das epische Duell zwischen zwei Giganten stehen: Hakeem Olajuwon und Patrick Ewing. Doch der Forward aus Alabama trug auf eine Weise bei, die die Boxscore nie ganz widerspiegeln konnte.

Horry sorgte für das notwendige Spacing, wechselte in der Defense die Zuordnungen und half beim Post verteidigen. Wie Tomjanovich Jahre später betonte, “Rob war unser Joker. Er hatte ein außergewöhnliches Basketballverständnis und du wusstest immer, dass er die richtige Entscheidung treffen würde, ohne dass man es ihm erst sagen musste.” Über diese sieben Spiele — wir lieben doch alle ein Game 7! — erzielte er durchschnittlich 10,6 Punkte, 5,9 Rebounds, 3,7 Assists, 1,9 Steals und 1,7 Blocks. Zwar gab es in dieser Serie keinen einzigen spielentscheidenden Dreier, aber eines war klar: Immer wenn er den Ball in den Händen hielt, konnten die Rockets durchatmen.

Es war der erste Schritt in einem Muster, das er in den sechs weiteren NBA Finals wiederholen sollte.

1995: Sein erster Clutch-Dreier

Im darauffolgenden Jahr, als den Rockets in jeder Runde der Heimvorteil fehlte, zeigte Horry sein wahres Gesicht. In Spiel 3 der Finals gegen die Magic lieferte er einen seiner legendärsten Momente.

14,1 Sekunden vor Schluss und Houston führte mit einem Punkt. Horry bekam den Ball an der Dreierlinie, ignorierte den Verteidiger und versenkte den Wurf, um die Rockets mit vier Punkten in Führung zu bringen. Damit war das Spiel (3:0) entschieden und der zweite Ring gesichert.

Das Beste war jedoch seine gesamte Performance in diesen Finals, die allen minimalistischen Statlines widersprach, für die er ebenfalls bekannt war: 18 Punkte pro Spiel, 50 % von Downtown, 10 Rebounds, 3 Assists, 3 Steals, 2 Blocks… alles in 46 Minuten pro Partie (so sah “Load Management” damals aus).

Horry punktete nicht nur. Er war eine Ein-Mann-Armee. “Man wusste nie, ob er Shaq, Dennis Scott oder Nick Anderson verteidigen würde. Er erledigte einfach alles, ohne dass es jemand bemerkte,” erinnerte sich Kenny Smith.

Die goldene Trilogie: 2000–2002

1997, auf dem Höhepunkt seiner Karriere und nach einem kurzen Abstecher in Phoenix, landete er in Los Angeles. Mit dem Jahrhundertwechsel zementierte Horry sein Vermächtnis.

Phil Jackson nutzte ihn als vierte oder fünfte Option in der Offensive und als erste Defensiv-Linie, wenn die Spiele eng wurden. In drei aufeinanderfolgenden Finals (Pacers, Sixers und Nets) spielte er auf jeder Frontcourt-Position, bewahrte Shaquille O’Neal vor unnötigen Kämpfen und agierte als Stretch Vierer in den Schlussformationen neben Rick Fox und dem Bryant/Fisher-Duo.

Sein Moment (einer von vielen) kam in Spiel 3 der Finals 2001.

Die Sixers hatten Spiel 1 gewonnen, und die Lakers konnten sich keine weitere Niederlage leisten. 47,1 Sekunden vor Schluss, bei einem Punkt Vorsprung, bekam Horry nach einem Drive den Ball und versenkte einen Dreier aus der rechten Ecke. Anschließend traf er vier Freiwürfe ohne zu zucken. Das Staples Center tobte, doch er blieb eiskalt. “Es war, als würde er mitten im Chaos Golf spielen,” sagte Shaq.

2002: Der Wurf

Es ist schwer, nur einen Höhepunkt auszuwählen—es gab so viele. Doch das hier ist wohl der legendärste. Spiel 4 gegen Sacramento. Nicht in den Finals, aber das Tor zur Championship.

Lakers lagen 1:2 hinten, letzter Abschnitt, letzte Sekunde. Ein langer Offensiv-Rebound, den Vlade Divac nach außen tippt… Der Ball landet oben an der Dreierlinie in Horrys Händen, keine Zeit zum Überlegen. Swish. Nur Netz. Sieg. Serie ausgeglichen. “Ich habe ihn extra rausgetippt,” scherzte Divac Jahre später. “Ich habe niemandem zugetraut, diesen Wurf zu treffen. Außer natürlich… Robert Horry.”

Wochen später stemmten die Lakers die Trophäe, nachdem sie Allen Iversons Sixers mit 4:1 geschlagen hatten. Zwar brauchte er in dieser Serie keinen weiteren Wunder-Wurf, aber Horry demonstrierte erneut sein perfektes Timing, inklusive eines eiskalten Dreiers in Spiel 3.

2005: Back gegen Detroit

Bis dahin war er ein San-Antonio-Veteran (age 34) mit kleinerer Rolle in der regular season, doch er tauchte wieder auf, wenn es zählte. In den Finals gegen die Pistons wurde er in Game 5 zum entscheidenden Faktor. Mit zwei Siegen pro Team ging es nach einer epischen Spurs-Aufholjagd durch Ginobili in die Overtime. Doch Horry war es, der den finalen Sargnagel versenkte.

5,9 Sekunden vor dem Buzzer. Rückstand 95:92. Ein Einwurf von der Seitenlinie. Ginóbili schleicht sich auf der Weak Side rein, bekommt den Ball und passt zu Horry, völlig frei auf der linken Seite. Schon wieder. Immer das gleiche Murmeltier. “Wir wussten, wenn er ihn kriegt, ist das Spiel vorbei,” erinnerte sich Chauncey Billups. Das war die fünfte von seinen sieben Finalteilnahmen… und erneut hinterließ er einen flüchtigen, aber unauslöschlichen Abdruck.

2007: Der letzte Ring, der letzte Schatten

Mit 36 und noch weniger Einsatzzeit fand Horry dennoch einen Weg, relevant zu bleiben – diesmal durch mentale und defensive Präsenz. Gegen die von LeBron James angeführten Cavaliers setzte Gregg Popovich ihn ein, um im Low Post zu verteidigen, bei Bedarf zu doppeln und in den Auszeiten als Floor-General das Wort zu ergreifen. “Rob spielte nicht viele Minuten, aber wenn er sprach, war die Bank mucksmäuschenstill,” erinnerte sich Teamkollege Brent Barry.

Das war sein siebter Ring. Niemand mit solch geringen Karrierestatistiken hinterließ je einen derart gewaltigen historischen Fußabdruck.

Weitaus mehr als nur ein All-Star

Horry spielte nie beim All-Star-Game. Sein Stil passte nicht zu den üblichen Kriterien dieses Schaulaufens. Er führte nie ein Team als Topscorer an.

Aber wenn es ums Gewinnen ging, musste jeder den Hut ziehen—außer den Celtics der 60er.

Sieben Ringe mit drei verschiedenen Franchises. 53 Dreier in den Finals, ein Allzeit-Rekord. Drei entscheidende Treffer in der Crunch Time. Über 240 Playoff-Partien. Und vor allem seine Aura der Gewissheit in den letzten Sekunden eines Spiels.

“Es gibt Spieler, die unbedingt den Ball wollen, Spieler, die ihn meiden, und Spieler, die ihn einfach bekommen. Horry verstand diese Momente wie kein anderer,” sagte Tim Duncan. “Du hast ihm den Ball gegeben, und du wusstest, er würde nicht zucken. Er würde es genießen.”

Ein echter Maßstab

In einer immer stärker datengetriebenen Liga bleibt Horrys Vermächtnis ein eindringlicher Beweis: Geschichte wird nicht nur von den größten Stars geschrieben, sondern auch von denen, die in den größten Momenten aufblühen. In einer Ära, die voll ist mit Schützen und Spezialisten, bleibt die Story von “Big Shot Bob” das ultimative Beispiel für Clutch.

Horry war durch und durch ein großartiger Typ. Davon konnten wir uns vor ein paar Jahren in Málaga überzeugen.

horry und ich meistern unsere reise

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