Nicht wollen, können oder müssen verteidigen. Das ist das Erfolgsrezept der Utah Jazz in dieser Saison. Erfolg höchstens, wenn es um eine gute Position im Draft geht, denn in Salt Lake City gab es sonst wenig zu feiern. Ihre defensive Passivität wurde von den Atlanta Hawks ausgenutzt, die den Tabellenletzten der Liga mit 147:134 bezwangen.
81 Punkte in der ersten Halbzeit und 22 Dreier bei 41 Versuchen reichten den Hawks zum Sieg gegen ein Jazz-Team, das nur zu Beginn einmal in Führung lag – beim allerersten Korb durch Collin Sexton nach gerade einmal 26 Sekunden. Danach folgte ein Angriffswirbel der Hawks, die obendrein sogar mehr Fouls für sich verbuchen konnten.
Der Schaden war so groß, dass die Hawks den Jazz ihre dritte Niederlage in Folge bescherten, in der sie mindestens 140 Punkte zuließen. Eine solche Serie hatte es in der NBA seit 35 Jahren nicht mehr gegeben und kam laut Reporter Ben Anderson aus Salt Lake City erst zum fünften Mal in der Geschichte der Liga vor.
The @utahjazz are the first team in 35 years to allow opponents to score over 140 points in three straight games.
It's only happened five times in NBA history.
Nuggets have done it three times, while the Cincinnati Royals and San Francisco Warriors also did it.
— Ben Anderson (@BensHoops) April 7, 2025
Von der ersten Minute an dominant
Die Atlanta Hawks machten von der ersten Sekunde an klar, dass sie keine Lust auf Spielchen hatten und die Angelegenheit möglichst schnell erledigen wollten. Das Duo aus Trae Young und Onyeka Okongwu dominierte in allen Bereichen: Der Point Guard dirigierte die Offense und traf von jenseits der Dreierlinie, während der Center durch die löchrige Zone der Jazz pflügte – mit Kyle Filipowski als einzigem Anker unter dem Korb.
Top of the key Dys 🗝️ pic.twitter.com/l3HYcBLfZg
— Atlanta Hawks (@ATLHawks) April 6, 2025
Mit sechs frühen Dreiern überschritten die Hawks bereits die 40-Punkte-Marke in einem ersten Viertel, nach dem sie zweistellig führten. Es hätte noch mehr sein können, wenn nicht Collin Sexton und Keyonte George immer wieder trafen. Dennoch war der Schaden angerichtet: Der Net Rating der Jazz in diesen ersten zwölf Minuten lag bei … -56,3! Ein Totalausfall, verursacht durch eine inakzeptable Defensivleistung.
Sexton gab nicht auf und wurde zum Herz einer Mannschaft, die völlig mutlos wirkte. Doch sein Einsatz prallte immer wieder an der Ruhe und dem Selbstvertrauen der von Quin Snyder trainierten Hawks ab – Snyder, der einst selbst die Jazz gecoacht hatte. Atlanta agierte nicht nur offensiv mit großer Leichtigkeit, sondern zeigte auch genau den nötigen Biss in der Defense und kontrollierte die Bretter mühelos, um so zweite Chancen zu generieren.
Ein unaufhaltsamer Ansturm
Das Drehbuch wiederholte sich im zweiten Viertel. Die Hawks nutzten jeden Fehler der Jazz eiskalt aus und bestraften deren permanente Aussetzer in der Verteidigung – sogar mit ihren Reservisten auf dem Parkett. Young und Okongwu übergaben den Stab an Dyson Daniels und besonders an einen entfesselten Vit Krejci, der vier Dreier bei vier Versuchen traf. Bereits im ersten Viertel hatte Caris LeVert von der Bank aus ähnlichen Schaden angerichtet.
VIT CHECK ♨️
4-4 3s, 5-5 overall pic.twitter.com/PRvBLnCGWp
— Atlanta Hawks (@ATLHawks) April 6, 2025
Die Jazz hielten mit Dreiern von George, Sexton und Brice Sensabaugh dagegen. Isaiah Collier hatte ein starkes Viertel als Point Guard und verschaffte seinen Mitspielern offene Würfe, unterstützt von einem aggressiveren Sexton.
Dennoch waren diese sechs Dreier bei 13 Versuchen und 36 erzielten Punkten letztlich bedeutungslos, weil die Jazz erneut 40 Punkte kassierten. Salt Lake City fand weder über Einsatz noch über Defensivrotationen oder taktische Anpassungen von Will Hardy eine Lösung. Hardy dürfte jetzt seine anfängliche Ausrichtung bereuen, als er bei seiner Ankunft in Utah ankündigte, er wolle mehr auf Offense als auf Defense setzen – ein folgenschwerer Fehler in einem Team, dessen junge Spieler keinen Druck verspüren, sich ihre Minuten zu verdienen. Hätte er sich doch nur ein Beispiel an Ime Udoka genommen…!
Feuerwerk
Nach 81 Punkten und einer 17-Punkte-Führung zur Halbzeit nahmen die Hawks in der zweiten Hälfte etwas den Fuß vom Gas. In der heutigen NBA kann das schnell ins Auge gehen – allerdings nicht so sehr gegen ein Jazz-Team, das zu diesem späten Saisonzeitpunkt kaum Motivation zeigt, weitere Siege einzufahren.
Sexton, Collier und Johnny Juzang starteten im dritten Viertel, George dann im vierten, jeweils kleine Aufholversuche, die die Hawks sofort im Keim erstickten. Atlanta fühlte sich überlegen und unterstrich das in jeder Phase. Zwar verkürzten die Jazz den Rückstand auf acht Punkte, als noch etwas über neun Minuten zu spielen waren, doch die Hawks legten sofort einen 9:0-Lauf hin, der jede Hoffnung auf ein Comeback zunichtemachte.
Bei bereits entschiedenem Spiel verwaltete Atlanta den Vorsprung souverän, während ein ausgelaugtes und ideenloses Utah sich dem Unvermeidlichen fügte.
Herausragende Akteure
Diese Spieler ragten in dieser Partie besonders heraus.
Trae Young
Ein weniger auf Scoring fixierter Trae Young macht derzeit richtig Spaß. Gegen die Jazz kam er zum 17. Mal in dieser Saison auf 15 Assists und packte zusätzlich 23 Punkte drauf. Gemeinsam mit Onyeka Okongwu demontierte er in der ersten Halbzeit die schwache Jazz-Defense. Er bekommt nicht die Anerkennung, die er verdient, weil die Hawks im Play-in stecken, aber seine Weiterentwicklung in dieser Hinsicht ist beachtlich.
Onyeka Okongwu
Der Center der Atlanta Hawks zeigte eine seiner besten Leistungen des Jahres und verbuchte 27 Punkte sowie 12 Rebounds. Die Jazz machten es ihm leicht: Kyle Filipowski agierte in der Zone zu weich, und Will Hardy setzte lange auf kleinere Formationen. So führte Okongwu die Hawks nicht nur bei Punkten und Rebounds an, sondern auch beim plus/minus (+16).
Keyonte George
Er funktioniert viel besser als Vollstrecker denn als Spielgestalter. Besonders wenn er Ablenkungen vermeidet und fokussiert bleibt. Der sophomore gehört zu den gefährlichsten Bank-Scorern der NBA, wenn sein Wurf fällt. Mit sieben Dreiern bei 13 Versuchen verbuchte er einen neuen career-high von 35 Punkten in 34 Minuten. Einer der wenigen Lichtblicke der Jazz ging auf sein Konto, und er war entscheidend an den beiden kurzen Comeback-Versuchen beteiligt.
Quin Snyder schätzt seine Bank
Eine der größten Stärken der Atlanta Hawks in dieser Saison ist die breite Auswahl an Optionen, die Quin Snyder von der Bank bringen kann. So kann er verschiedene Lineups einsetzen, ohne an Offensivkraft einzubüßen.
Die Second Unit der Hawks war mit 56 Punkten entscheidend für den Erfolg gegen die Utah Jazz – und das ist kein Einzelfall: das Team von der Georgia-Bank erzielt im Schnitt 43,5 Punkte pro Partie und liegt damit auf Platz vier in der NBA.
„Eines der besten Dinge an dieser Gruppe ist, dass die Spieler bereit sind, reinzukommen und ihre Leistung zu bringen, auch wenn unsere Rotationen jetzt etwas eingespielter sind. Genau das ist heute passiert. […] Wir werden Spiele mit unterschiedlichen Leuten beenden und auch verschiedene Starting Lineups probieren“, sagte der Coach auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
(Featured image by Brett Davis-Imagn Images)