Jalen Williams ist einen halben Meisterschaftsring wert

Die Thunder können es förmlich schmecken. Sie spüren es in den Fingerspitzen. Nach einer Saison voller Siege brauchen sie nur noch einen letzten Erfolg, damit ...

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Von Niko Jens Schwann

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Die Thunder können es förmlich schmecken. Sie spüren es in den Fingerspitzen. Nach einer Saison voller Siege brauchen sie nur noch einen letzten Erfolg, damit sich alles auszahlt.

OKC holte sich Game 5 der Finals mit einem 120:109-Ergebnis, das fast schon die halbe Meisterschaft bedeutete. In einer Begegnung, in der ein Sieg einen riesigen Schritt in Richtung Titel bedeutete und eine Niederlage das Risiko schmerzhafter Konsequenzen mit sich brachte, zeigte Daigneaults Truppe ihre beste Seite und dominierte vom Tip-off bis zum Buzzer. Jetzt stehen sie kurz vor einem historischen Triumph.

Doch sie dürfen nicht lockerlassen. Denn wenn es ein Team gibt, das nie aufgibt und jederzeit die Chancen wittert, dann sind es die Pacers.

The Ever-Scrutinized

Jalen Williams hatte schon viele kritische Phasen in diesen Playoffs – und nicht nur in diesen. Bereits in der Postseason 2024 geriet er ins Kreuzfeuer, und auch dieses Jahr musste er sich einigen Zweifeln stellen. Da die Verteidigungen alles daransetzen, Shai Gilgeous-Alexander um jeden Preis zu stoppen, hat er größere Verantwortung übernommen. Mal klappte es, mal nicht, und so mancher sah in ihm bereits einen Trade-Kandidaten, falls die Thunder früh ausscheiden sollten.

Doch die ganz Großen wissen, wann sie funktionieren müssen, und in diesen Finals wirkt der Forward jede Nacht besser. Er startete unsicher, wurde Schritt für Schritt konstanter und war im Game 4-Sieg maßgeblich daran beteiligt, OKCs Titelchance zu wahren. Heute lieferte er zweifellos die beste Vorstellung seiner bisherigen Karriere.

40 Punkte in einem NBA-Finals-Spiel zu erzielen, ist nicht jedem vergönnt. Jalen Williams schaffte es heute Nacht – und sollte Oklahoma am Ende den Sack zumachen, wird dieser Abend für immer in Erinnerung bleiben. Er war unaufhaltsam beim Zug zum Korb und tödlich von außen, trug die Thunder in ihren besten Phasen und half ihnen durchzuhalten, als Gegenwind kam. Immer wenn ein Korb gebraucht wurde, war er zur Stelle. Jeder Treffer brachte den Titel ein Stück näher.

Williams legte gleich zu Beginn eine Lektion in Sachen Korbabschluss hin. Ob in Halbfeld-Angriffen oder im Fastbreak, seine Aktionen sorgten für eine brillante erste Hälfte von OKC. Im weiteren Spielverlauf erweiterte er sein Repertoire. Die akrobatischen Layups blieben eine Konstante, doch auch Jumper von der Dreierlinie und aus der Mitteldistanz fielen, genauso wie Fouls, die ihn an die Freiwurflinie brachten. Alles lief für ihn – und sein Team brauchte jeden Punkt. Denn trotz dieses starken Starts mussten die Thunder hart kämpfen, um ein weiteres Pacers-Wunder zu verhindern.

The Magic Winds Down

Die Pacers haben sich in diesen Playoffs den Ruf erarbeitet, jederzeit Gefahr zu verbreiten. Egal wie gut man gegen sie spielt, ein Lauf der Pacers versetzt jeden Gegner in Alarmstimmung, lässt Blicke aufs Scoreboard wandern und Rechenspiele zu Comeback-Szenarien anstellen. Das Publikum in der Paycom Center war sich dessen bewusst – und heute Abend wurden diese Befürchtungen beinahe wieder bestätigt.

OKC zeigte in der ersten Hälfte nahezu Perfektion und verteidigte so aggressiv, dass die Pacers-Offense ungewohnt ins Stocken geriet. Wenn die Thunder das schaffen, wird das Tempo hochgeschraubt. Dann hagelt es Schnellangriffe, das Team kommt ins Fliegen und reiht einen Korb in der Zone an den nächsten. Binnen Sekunden wächst der Vorsprung auf zweistellige Werte.

So lief es bis zur Halbzeit, als die Führung 18 Zähler erreichte und der Gastgeber dominierte. Doch Carlisles Mannschaft hat schon oft bewiesen, dass sie sich nicht so leicht abschütteln lässt. Wenn man sie nicht vollständig niederstreckt, bleibt das Spiel offen. Und genauso war es: Sie stoppten das Ausbluten, kamen Stück für Stück heran und verharrten in dieser ärgerlichen Distanz, in der OKC zwar vorne ist, den Gegner aber nicht loswird. Ein Vorsprung von 10 bis 12 Punkten wirkt komfortabel, ist gegen die Pacers aber nie sicher.

T.J. McConnell bewies das eindrucksvoll.

Der kleine Point Guard war es, der für Unruhe sorgte. Mit Haliburton, der sich im rechten Bein zwickte und früh in die Kabine musste, und einem Team, das angeschlagen war, gab Carlisle ihm schon zu Beginn des dritten Viertels das Ruder – und er riss das Spiel an sich. Plötzlich lag dieses energische Beben in der Luft, und die vorher so dichte Thunder-Defense wirkte nicht mehr unüberwindbar. Die Pacers setzten zum Comeback an.

Als Obi Toppin und Pascal Siakam ebenfalls aufdrehten, erinnerte die Partie an Game 1, als Oklahoma die Pacers einfach nicht abschütteln konnte und dafür teuer bezahlte. Es fühlte sich sogar an wie eine umgekehrte Version von Game 4, als OKC irgendwie in einem schlechten Spiel blieb, um dann im letzten Viertel die Nerven zu behalten. Doch diesmal, nach zwei harten Playoff-Monaten, fand jemand rechtzeitig das Gegenmittel gegen Indianas Aufbäumen.

The Knockout Punch

Als Siakam den Rückstand auf nur 2 Punkte verkürzte (95:93), gerieten die Thunder nicht in Panik. Stattdessen zeigten sie ihre wichtigste Stärke: Spiele im Schlussabschnitt sprengen. Jalen Williams antwortete mit einem Dreier und legte im nächsten Angriff einen Fastbreak-Korbleger nach. Diese fünf Punkte in 20 Sekunden bescherten dem zuvor wackelnden Team neuen Schwung.

Die aggressive Defense kehrte zurück, Indiana bekam wieder weniger Luft zum Atmen, und OKC generierte neue Fastbreaks. In den Halbfeldausführungen setzten Shai und Williams ihre Glanzleistungen fort. Plötzlich stand ein 18:4-Lauf auf der Anzeigetafel, die Führung kletterte wieder nach oben, und selbst diese Pacers fanden keine Antwort. Daigneaults Mannschaft sah wieder so dominant aus wie in der regulären Saison – mit dem Gefühl, dass dieser Ring vom ersten Tag an zum Greifen nah war.

Nun dürfen sie ihn nicht mehr nur riechen. Sie sind kurz davor, ihn sich endlich überzustreifen.

Key Performers

Diese Spieler glänzten heute besonders.

Jalen Williams

Er hatte bisher nur einmal so viele Punkte wie heute. Das war im März gegen die Spurs, in einem eher unbedeutenden Spiel, in dem er auf 41 kam. Diesen Wert nun in Game 5 der Finals zu erreichen, um auf 3:2 zu stellen, ist eine andere Hausnummer. Wer an seiner Klasse zweifelte, hat jetzt die Antwort.

Shai Gilgeous-Alexander

Er stand etwas im Schatten seines Teamkollegen, was aber keine schwache Leistung bedeutet. Manchmal haderte er mit seinem Wurf, doch sein permanentes Attackieren brachte ihn oft an die Linie, und in der Defense verhinderte er Schlimmeres in der Schlussphase. Es war bereits sein viertes Spiel mit über 30 Punkten in dieser Finalserie.

T.J. McConell

Auch wenn sein starkes drittes Viertel am Ende zu wenig war, verdient er Respekt dafür, wie er die Pacers aus dem Loch geholt und in OKC Angst verbreitet hat. Er drehte das Momentum komplett, auch wenn ihm und seinem Team der letzte Punch fehlte. Ohne seinen Einsatz wäre die Überraschungschance wohl schon viel früher verflogen.

Game Statistics

Hier sind die wichtigsten Stats beider Teams.

Oklahoma City Thunder

Player MIN PTS FG AST REB BLK STL +/-
Jalen Williams 35:11 40 14/25 4 6 0 1 +14
Chet Holmgren 33:43 9 4/15 0 11 3 1 +12
Isaiah Hartenstein 20:51 4 1/2 4 8 1 1 -1
Luguentz Dort 32:23 9 3/7 3 8 1 2 +14
Shai Gilgeous-Alexander 37:57 31 9/21 10 2 4 2 +9
Alex Caruso 29:19 2 1/8 2 2 1 4 +8
Aaron Wiggins 22:24 14 4/10 0 5 1 0 -5
Cason Wallace 17:28 11 4/5 0 2 1 4 0
Kenrich Williams 10:44 0 0/1 1 1 0 0 +4

Indiana Pacers

Player MIN PTS FG AST REB BLK STL +/-
Aaron Nesmith 24:30 14 5/9 0 6 0 1 -12
Pascal Siakam 33:16 28 9/15 5 6 2 3 -5
Myles Turner 24:41 13 3/5 1 6 0 1 -7
Andrew Nembhard 35:36 7 3/8 3 3 0 1 -12
Tyrese Haliburton 34:09 4 0/6 6 7 0 0 -13
Obi Toppin 21:40 12 5/11 1 4 0 1 -16
Ben Sheppard 6:00 0 0/0 1 1 0 0 -6
T.J. McConnell 21:58 18 8/14 4 4 0 2 +4
Bennedict Mathurin 22:12 7 2/11 1 8 2 0 +6
Tony Bradley 12:16 4 1/2 0 4 0 0 +2
Johnny Furphy 1:51 2 1/1 0 0 0 0 +2
Thomas Bryant 1:51 0 0/0 1 1 0 0 +2

(Cover-Foto: Kyle Terada-Imagn Images)

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