Litauen hat sich als drittes Team für das EuroBasket-Viertelfinale qualifiziert. Gegen die Gastgeber, die von Verletzungen geplagt waren, setzten die Nordländer auf die Abgeklärtheit ihrer Routiniers und schlugen Lettland mit 88:79 in einer Partie, die mehr Arbeit als Feuerwerk war. Doch genau solche Siege bringen dich in einem Turnier weit, wie sie bewiesen haben.
Jokubaitis? Wer ist Jokubaitis?
Und das, obwohl das litauische Team eine neue Spielidee improvisieren musste. Kurtinaitis’ Mannschaft konnte nicht nur weiterhin nicht auf Rokas Jokubaitis vertrauen, den unangefochtenen Floor General in der ersten Phase. Sie startete zudem mit Jonas Valanciunas auf der Bank, wohl wegen seines unglücklichen Matchups in der Defense gegen Kristaps Porzingis. Es war ein Tag, um neue Lösungen zu finden – und genau das taten sie.
Arnas Velicka übernahm die von Jokubaitis hinterlassene Rolle mit überraschendem Selbstvertrauen. Er versenkte Dreier, um Litauens Offense von Beginn an zu befeuern. Und wenn er nicht nach seinem eigenen Wurf suchte, nutzten Flügelspieler wie Sirvydis und Tubelis dank ihrer Größe und Physis ihre Chancen in Post-ups am Korb. Ein perfekter Start. Keiner hätte geglaubt, dass hier zwei der größten Stützen fehlten.
Der litauische Bald Mamba heizt Lettland ein.#EuroBasket | #MakeYourMark pic.twitter.com/xsNVVzROLi
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Doch Lettland hatte seinen Star, was zugleich gut und schlecht war. Gut, weil Porzingis, selbst ohne seinen Geschwindigkeitsvorteil bei Valanciunas’ Abwesenheit, immer noch einen Größenvorteil hatte und ihn nutzte, um über jeden Verteidiger hinwegzuschießen. Der Beginn war komplett auf ihn ausgerichtet. Doch genau das war auch das Problem: seine Rolle als Mittelpunkt bei jedem Angriff.
Einige seiner Mitspieler schienen außer auf einen möglichen catch & shoot kaum zu wissen, was von ihnen erwartet wurde. Für Litauens Defense war es leicht zu erahnen, wie jeder Angriff ablaufen würde, auch wenn sie dabei oft Größe opferten. Mit dem Big Man der Hawks lief das Spiel der Gastgeber weniger flüssig und langsam ab, was ihnen wehtat, als ihre Defense zwar aggressiver wurde, aber Litauens Offense nur zeitweise ins Straucheln brachte.
Dieser Mangel an offensiver Variation war ein Hauptgrund, warum sie den holprigen Start nicht egalisieren konnten und zur Halbzeit mit 10 Punkten zurücklagen. Ein weiterer Grund war Litauens beeindruckende Trefferquote von Downtown, die zu einer klaren Frage führte: Konnte ein Team, das in der ersten Phase nur 26 % von draußen traf, das gezeigte 55 %-Feuerwerk (6/11) bis zur Halbzeit durchhalten?
Porzingis gegen alle
Die Antwort lautete nein, doch es war egal. Litauen traf in der gesamten zweiten Hälfte keinen einzigen Dreier mehr (0/7), gewann aber, indem es an seinem frühen Plan festhielt: Lettland dazu zwingen, nur Porzingis und vier andere Jungs zu sein.
Wenn schon in der ersten Hälfte fast alles über ihren Center lief, war die zweite Hälfte reine Heliozentrik. Diesmal übernahm nicht mal jemand, wenn Porzingis sich eine Pause nahm. Abgesehen von kurzen Momenten von Zagars und Lomazs drehte sich alles um Kristaps und sein Bemühen, die Zone zu beherrschen. In beiden Bereichen des Feldes.
Porzingis tut alles, um Lettland 🇱🇻 im Spiel zu halten!#EuroBasket pic.twitter.com/Fj0fUqTI0g
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Offensiv suchten sie permanent den Größenvorteil am Zonenrand, womit Litauen leben konnte. Aus Angst vor möglichen Distanzwürfen von Porzingis’ Mitspielern halfen sie nur selten aus. Sein größter Einfluss kam in der Defense, wo er mit starken Reads in Drop Coverage nach Screens weiterhin Probleme bereitete. So konnte Litauen das Spiel nicht endgültig entscheiden, obwohl es die Partie die ganze Zeit zu kontrollieren schien.
Tatsächlich ließen sie, wenn sie es selbst nicht erledigen konnten, die Uhr für sich arbeiten. Das ist riskant, wenn der Gegner schnell punkten kann. Doch Lettland punktete kaum, weder schnell noch langsam, und so zog sich alles hin, bis das Spiel unausweichlich an Litauen ging.
Ohne Jokubaitis, mit weniger als 10 Minuten Einsatzzeit für Valanciunas und auswärts beim Gastgeber? Kein Problem. Litauen löste eine knifflige Aufgabe ohne viel Glanz, aber mit viel Routine und steht nun im EuroBasket-Viertelfinale. Jetzt warten sie auf ihren nächsten Gegner.
Die herausragenden Akteure
Diese Spieler setzten in der Partie Lettland–Litauen die größten Ausrufezeichen.
Arnas Velicka
Jokubaitis zu ersetzen ist unmöglich, doch Velickas starker Auftritt ließ schnell vergessen, dass er nicht auf dem Parkett war. Er kam auf 21 Punkte und 12 Assists, füllte die Point-Guard-Rolle voll aus und war ein entscheidender Faktor für den Sieg.
Kristaps Porzingis
Ob es an ihm selbst, Litauens Plan oder am fehlenden Zug seiner Mitspieler lag, bleibt unklar, aber der Hawks-Big-Man war fast allein auf weiter Flur. Seine 34 Punkte und 19 Rebounds waren zwar ein Monsterauftritt, reichten aber nicht, um die Lücke so zu schließen, wie Lettland es gebraucht hätte.
Azuolas Tubelis
Da Valanciunas weite Strecken auf der Bank saß, musste Tubelis als Haupt-Center ran – und löste das mit Bravour. Er sicherte 12 Rebounds, erzielte 18 Punkte in der Zone und half dabei, den eigenen Korb zu schützen.
(Cover-Foto: FIBA)