Die Thunder leben noch. Nach zwei knappen Niederlagen und drohendem Aus bewies OKC den Überlebensinstinkt, den es von Oktober bis April kaum brauchte, der im Mai aber überlebenswichtig wird. Mit einem zähen 92:87-Sieg in Spiel 4, der sie ansonsten an den Rand des Ausscheidens hätte bringen können, überstanden sie die kritische Phase. Nicht dieses Mal. Denn egal, wie viele daran zweifeln mögen: Dieses Team hat noch eine Menge zu sagen.
Schwer anzusehen
Du kannst es schon am Spielstand erkennen: Eine Offensiv-Gala war das nicht. In der Ball Arena gab es ein Duell wie aus einer älteren NBA-Ära, mit niedrigen Punktzahlen und einem harten, ausdauernden Kampf – passend zur Bedeutung dieses Spiels. Erschöpfung und Nerven waren phasenweise bei beiden Teams sichtbar, der Einsatz sank jedoch nie. Allerdings führte das auch zu längeren Passagen weniger begeisternden Basketballs.
Scoring tabu
Tatsächlich begann das Duell wie eine Anti-Scoring-Veranstaltung. Beide Teams hätten zu Beginn nicht einmal eine Murmel durch einen Hula-Hoop befördern können und stolperten in eine Flaute, die man in einem Spiel dieser Größenordnung kaum erwartet hätte – eine Flaute, die sich weitgehend durch die erste Halbzeit zog.
16:8 stand es nach dem ersten Viertel, als die Wurfprobleme ihren Höhepunkt erreichten, und 8/44 lautete die kombinierte Trefferquote in den ersten zwölf Minuten. Zwar möchte man gerne gute Defense dafür loben, doch in Wahrheit machten sich die Offensiven überwiegend selbst das Leben schwer.
Um die Probleme aus Spiel 3 zu vermeiden, versuchten die Thunder das Tempo zu erhöhen und zu punkten, bevor Denver seine Defense sortieren konnte. Das brachte zwar ein paar gute schnelle Abschlüsse, endete aber auch in etlichen hastigen Würfen. Allein fünf Dreier von Lu Dort in einem Viertel sind nicht das ideale Rezept für ein Feuerwerk – und halfen nicht, einen starken Start hinzulegen.
Bei den Nuggets hätte sich das Bild womöglich geändert, wenn sie aus den Ecken halbwegs normal getroffen hätten. OKC entschied sich, offene Dreier von Westbrook, Watson und einem angeschlagenen Michael Porter Jr. zuzulassen – ein Plan, der aufging. Die Würfe waren völlig frei und die Looks okay, landeten jedoch fast jedes Mal krachend am Ring.
WHAT A MOVE BY CHRISTIAN BRAUN FOR 2 ‼️
Denver seeking 3-1 lead in West Semis on ABC. pic.twitter.com/LbZYaVvjrV
— NBA (@NBA) May 11, 2025
Im zweiten Viertel kam etwas mehr Schwung auf. Adelmans Team griff häufiger an, um zumindest Freiwürfe zu erzwingen, und die Gäste bekamen kurz vor der Halbzeit einen Schub von Caruso. Doch beiden Teams war anzumerken, dass sie sich unwohl fühlten. Irgendetwas musste sich in der zweiten Hälfte ändern. Die Frage war nur: Tat es das?
Feuertaufe bestanden
Ja. Zuerst fand Denver seinen Touch und versenkte in fünf Minuten mehr Dreier als in der gesamten ersten Halbzeit. Ein 17:10-Lauf eröffnete das dritte Viertel, die Gastgeber übernahmen zum ersten Mal die Führung. Daigneault nahm eine Auszeit, weil er wusste, was dieser Run bedeutete: eine klare Kampfansage.
Dann schlug OKC zurück. Genau in dem Moment, als es düster aussah, zeigte das Team jene Widerstandskraft, die in dieser Serie bisher gefehlt hatte. Die Art von Härte, die Meisterteams auszeichnet und deren Fehlen viele daran zweifeln ließ, ob sie ihre Dominanz aus der Regular Season in die Playoffs übertragen können. Doch kaum drohte das 1:3, reagierten sie entschlossen.
Sie stellten bessere Screens, griffen die Zone energischer an und kreierten saubere Würfe – die dann endlich auch fielen. Damit pflanzten sie einen Zweifel in die Köpfe der Nuggets, die plötzlich nicht mehr wussten, ob sie die Zone dichtmachen oder die Schützen draußen bewachen sollten. Es entstanden Räume, und damit kam auch ein offensiver Rhythmus zurück, den die Thunder seit Spiel 2 vermisst hatten.
SGA extends the lead for the Thunder 💪
Get to ABC now for the finish! pic.twitter.com/Li3Q97G7eK
— NBA (@NBA) May 11, 2025
Aber vor allem war es ihre Defense (geholfen von Denvers Fehlwürfen an der Linie), die den Vorsprung hielt. Einige nervöse Momente in den Schlussminuten brachten die Gäste zwar wieder aus dem Tritt, doch ihre Verteidigung im vierten Viertel hatte Denver bereits aus dem Konzept geworfen. Ein wahres Bollwerk, angeführt von einem überragenden Caruso und mit totalem Einsatz aller, frustrierte Jokic erneut und erkämpfte einen Sieg, der die Serie zwar nicht entscheidet, sie aber entscheidend beeinflussen könnte.
Trotzdem dürfte Denver das Gefühl haben, eine Chance verspielt zu haben. Im dritten Viertel sah es kurz so aus, als könnten sie das Ding aufmachen, doch gegen OKCs Kampfgeist ließen sie wieder nach. Noch besorgniserregender ist ihr körperlicher Zustand, denn nach einer Serie und einer Hälfte mit einer 6- oder 7-Mann-Rotation wirken sie ausgelaugt.
Lag das nur am engen Zeitplan mit Spiel 4 nur 36 Stunden nach Spiel 3? Oder tritt das Gleiche in Spiel 5 wieder auf?
Schlüsselspieler
Das sind die Spieler, die OKC zum Sieg geführt haben.
Shai Gilgeous-Alexander
Er war nicht besonders treffsicher, aber so ging es hier allen. Wenigstens blieb er aggressiv – anders als in Spiel 3 – und zog Verteidiger, kam oft an die Freiwurflinie und gab OKCs Offensive mehr Bewegung.
Alex Caruso
Sein Einfluss in der Verteidigung war wieder einmal unermesslich. Er blühte in diesem zähen, umkämpften Spiel auf, in dem jeder Ballbesitz zählte. Genau für solche Abende ist er hier.
Cason Wallace
Er lief defensiv heiß und versenkte auch noch wichtige Dreier, als OKC in der zweiten Hälfte immer wieder gegen Denvers Zone anrannte. Seine 3/3 von draußen gaben den Ausschlag und waren am Ende entscheidend.
Spielstatistiken
Hier die Zahlen beider Teams.
Denver Nuggets
Spieler | MIN | PTS | TC | AST | REB | TAP | ROB | +/- |
Michael Porter Jr. | 34:04 | 3 | 1/7 | 0 | 9 | 1 | 0 | +15 |
Aaron Gordon | 38:07 | 15 | 5/10 | 6 | 16 | 1 | 0 | -4 |
Nikola Jokic | 42:43 | 27 | 7/22 | 3 | 13 | 0 | 4 | +1 |
Christian Braun | 44:05 | 17 | 4/11 | 2 | 4 | 1 | 3 | +3 |
Jamal Murray | 41:00 | 17 | 5/15 | 5 | 4 | 0 | 1 | -12 |
Russell Westbrook | 26:34 | 6 | 2/12 | 1 | 3 | 0 | 1 | -20 |
Peyton Watson | 8:43 | 2 | 1/3 | 0 | 0 | 0 | 0 | -6 |
Julian Strawther | 4:44 | 0 | 0/0 | 0 | 0 | 0 | 0 | -2 |
Oklahoma City Thunder
Spieler | MIN | PTS | TC | AST | REB | TAP | ROB | +/- |
Jalen Williams | 33:10 | 10 | 2/13 | 5 | 3 | 1 | 3 | -3 |
Chet Holmgren | 29:20 | 8 | 4/10 | 0 | 13 | 0 | 0 | -7 |
Isaiah Hartenstein | 33:08 | 8 | 3/7 | 3 | 14 | 1 | 1 | +9 |
Luguentz Dort | 19:12 | 6 | 2/10 | 0 | 2 | 0 | 0 | -6 |
Shai Gilgeous-Alexander | 38:22 | 25 | 8/19 | 6 | 6 | 0 | 2 | +6 |
Alex Caruso | 28:20 | 10 | 3/7 | 2 | 4 | 0 | 0 | +12 |
Aaron Wiggins | 15:46 | 11 | 4/8 | 0 | 6 | 0 | 0 | +14 |
Cason Wallace | 22:36 | 11 | 4/7 | 2 | 5 | 0 | 2 | +12 |
Jaylin Williams | 12:43 | 2 | 1/2 | 1 | 1 | 0 | 1 | -10 |
Isiah Joe | 7:23 | 1 | 0/4 | 1 | 1 | 0 | 0 | -2 |
(Cover photo: Isaiah J. Downing-Imagn Images)