Spanien schrammt knapp an Weltmeister-Sensation vorbei

Spanien kassierte in seinen EuroBasket-Vorbereitungsspielen eine weitere Niederlage, zeigte aber zugleich eine starke Leistung und spürt zunehmend, dass die Topform näher rückt. Scariolos Männer unterlagen ...

Foto des Autors

Von Niko Jens Schwann

Veröffentlicht am

Spanien kassierte in seinen EuroBasket-Vorbereitungsspielen eine weitere Niederlage, zeigte aber zugleich eine starke Leistung und spürt zunehmend, dass die Topform näher rückt. Scariolos Männer unterlagen Deutschland mit 106:105 in einem hochklassigen, hart umkämpften Duell, das erst in der Verlängerung durch Kleinigkeiten entschieden wurde – so intensiv, dass niemand gedacht hätte, es sei nur ein Testspiel.

Tauziehen

In einem ständigen Hin und Her zeigten beide Teams ihre Stärken und Schwächen. Über 45 Minuten folgten sie einem klaren Drehbuch: Deutschland griff an, Spanien antwortete. Das führte zu Läufen, die beide Mannschaften zwangen, Lösungen für ihre schwierigsten Phasen zu finden.

Die Spanier hatten erneut Probleme in ihren Halbfeld-Angriffen, beim Defensivrebound und selbst beim Ballvortrag gegen Ganzfeld-Pressverteidigung, was Deutschland zu einfachen Punkten aus zweiten Chancen und Schnellangriffen nach Ballgewinnen verhalf. Dennoch blühten sie auf, sobald das Tempo anzog: Der Ball lief gut über die Vorteile, die Brizuela oder Willy schufen, und ihre bewegliche, variabel agierende Defense brachte den Gegner aus dem Rhythmus.

Obwohl dies ihre vierte Niederlage im fünften Spiel war, ist der Sprung seit dem Auftritt gegen Portugal vor ein paar Wochen enorm. Trotz offensichtlicher Defizite hat das Team einen Weg nach vorn gefunden.

Deutschland hingegen zeigte sich brandgefährlich in Transition und präsentierte mit Franz Wagner und Dennis Schröder zwei Elite-Creators, die jede Defense knacken können. Dennoch fiel es ihnen schwer, ein Spiel zu kontrollieren, das sie oft scheinbar im Griff hatten. Außerdem traten Schwächen zutage, sobald Schröder foulbedingt auf die Bank musste, sodass die Gastgeber den Rückstand nach und nach aufholten und schließlich egalisierten.

Nach einem nervenaufreibenden vierten Viertel, in dem Spanien fast sicher auf der Verliererseite schien, stand es in der Schlussminute plötzlich unentschieden. Dank eines späten Auftritts von Willy Hernangómez, Álvaro Cárdenas’ starkem Debüt auf beiden Seiten des Feldes und mehrerer wichtiger Dreier trotz ansonsten schwacher Distanzquote verkürzten Scariolos Männer den Rückstand auf nur einen Ballbesitz.

Und dann vollendete Willy mit einem Mitteldistanzwurf die zähe Aufholjagd der zweiten Halbzeit. Zum ersten Mal seit Anfang des zweiten Viertels lag Deutschland nicht mehr in Führung.

Eine Frage von Millimetern

Aber auch Spanien geriet nicht sofort wieder in Rückstand. Erst in der Verlängerung, zu der es kam, weil beide Teams ihre letzten Angriffe in der regulären Spielzeit liegen ließen, kippte die Partie. Obst und Bonga brachten Deutschland erneut nach vorne. Wieder musste Spanien einen Rückstand aufholen. Wieder gelang es, mit einem Dreier von Brizuela zum 103:102 eine epische Aufholjagd zu vollenden und die ohnehin bereits aufgeheizten Heimfans nach mehreren Rangeleien auf dem Parkett in Ekstase zu versetzen.

Doch diesmal hatte Dennis Schröder das letzte Wort. Der Kings-Guard erhielt den finalen deutschen Ballbesitz, ließ die Uhr herunterlaufen, forderte einen Block an und zog nach dem Switch gegen Juancho zum Korb. Juancho schien seinen Wurf perfekt zu stören, doch das spielte keine Rolle. Wie sich der Ball mit solcher Finesse ins Netz drehte, weiß nur Schröder selbst.

Deutschland lag wieder vorn. Diesmal gaben sie die Führung nicht mehr ab.

Doch es hätte fast anders geendet. Brizuela verfehlte den möglichen Sieg in letzter Sekunde um Millimeter, als der Ball vom Ring abprallte. Der baskische Guard konnte seinem Abend nicht die Krone aufsetzen, aber das schmälerte nicht die Zuversicht, die eine immer selbstbewusstere Nationalmannschaft versprüht. Eine Woche vor dem Tipoff in Zypern besteht allen Grund, noch etwas mehr zu glauben.

Spielstatistiken

Hier die besten Akteure aus Spanien–Deutschland.

Dennis Schröder

Spanien fand kein Mittel gegen seine Drives zum Korb, wo er den ganzen Abend entweder leicht punktete oder Fouls zog. Das gipfelte im letzten Korb, der Deutschlands Sieg sicherte.

Willy Hernangómez

Er startete verhalten, wandelte seinen mäßigen Auftritt im vierten Viertel jedoch in eine starke Leistung um. Er beherrschte die Zone und machte Spaniens Offense von seiner Präsenz im Paint abhängig, sei es mit Punkten oder Pässen. Einmal mehr bewies er, wie wichtig er für diese Mannschaft ist.

Franz Wagner

Auch ihm fehlte es an Konstanz, doch in seinen dominanten Phasen stand Spanien mächtig unter Druck. Seine Kombination aus Größe und Ballhandling machte ihn im pick-and-roll als Ballhandler wie auch als Blocksteller brandgefährlich, und im Schnellangriff war er eine echte Bedrohung.

(Titelbild: Spanischer Basketballverband)

DAS KÖNNTE SIE INTERESSIEREN