Die Oklahoma City Thunder sind vor unseren Augen erwachsen geworden. Nur wenige Tage, nachdem sie gegen die Nuggets noch wackelig aussahen und sich knapp durch Runde zwei kämpften, legte Mark Daigneaults Team im Western-Conference-Finale einen deutlich schärferen und überzeugenderen Auftritt hin. Sie wirkten wie eine Mannschaft, die genau weiß, warum sie hier ist – und dass eine Niederlage auf dieser Bühne trotzdem schmerzt. Das bewiesen sie mit einem klaren 114:88-Sieg.
Kampferprobt
Im Leben gibt es Tage, die sich anfühlen wie Wochen, Jahre, die wie Monate vergehen, und Stunden, die sich ziehen wie Jahrhunderte. Und in der NBA gibt es anscheinend Playoff-Serien, die mehrere Saisons zu dauern scheinen – oder dir zumindest Erfahrungen verschaffen, die du normalerweise erst in Jahren sammelst.
Genau das war die Denver-Serie für OKC. Nachdem sie diesen zweiwöchigen Crashkurs absolviert hatten, wie man wie ein Championship-Team auftritt, zeigten sie es sofort, als sich die Gelegenheit bot. Der Start in dieses Spiel war alles andere als ideal. Aber als sie die Nervosität abschüttelten, übernahm nur ein Team das Parkett.
Randles zwei Gesichter
Julius Randle agiert in dieser Postseason auf einem herausragenden Niveau – vielleicht dem besten Abschnitt seiner Karriere. In der ersten Halbzeit erreichte der Ex-Knick praktisch sein Maximum. Gegen ein Thunder-Team, das in erster Linie die Zone dichtmachen wollte, zerstörte der Power Forward diesen Plan mit einer heißen Dreier-Serie. Ganze fünf Würfe von draußen traf er noch vor der Pause und hatte Phasen, in denen jeder Wurf zu sitzen schien.
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— Minnesota Timberwolves (@Timberwolves) May 21, 2025
So starteten die Timberwolves vielversprechend und übernahmen früh die Kontrolle, obwohl ein paar Rollenspieler nicht in ihren Rhythmus fanden und Anthony Edwards bei einem unglücklichen Sturz den Knöchel verdrehte und für einige Minuten in der Kabine behandelt werden musste. Doch diese zunächst kleinen Probleme wuchsen mit der Zeit zu etwas Größerem.
Zuerst kühlte Randles Wurfhand ab, womit Minnesotas verlässlichste Offensivquelle wegfiel. Und dann fand OKC seinen Rhythmus, baute einen Vorsprung auf und wirkte schnell bedrohlich.
Laufen oder nicht laufen
Über lange Phasen teilten sich die Ballbesitze der Thunder in zwei Kategorien: die, die nach unter sieben Sekunden mit Punkten endeten, und die, die sich ewig zogen und schlecht ausgingen. Daigneaults Truppe machte viele Zähler in Transition oder durch schnelle Aktionen, bei denen Minnesotas Defense auf dem falschen Fuß erwischt wurde. Doch sobald sie im Halbfeld agieren mussten, fehlten ihnen oft die richtigen Ideen. Selbst Shai hatte darauf keine sofortige Antwort.
Der kanadische Guard war in der ersten Halbzeit von mehreren Verteidigern eingekesselt. Minnesota stellte ihn permanent zu und gab ihm kaum Luft, nur um zu verhindern, dass er überhaupt an den Ball kam. Jaden McDaniels, Nickeil Alexander-Walker, Anthony Edwards … sogar Jaylen Clark – der zuvor in den gesamten Playoffs nur sechs Minuten absolviert hatte – kam aufs Parkett, um den Point Guard zu zermürben und den Angriff der Thunder zu unterbinden. Und es funktionierte …
…zumindest in der ersten Halbzeit. Doch im dritten Viertel kam die Offense der Thunder endlich in Fahrt. Jalen Williams wurde entschlossener, griff die Zone an und versenkte Würfe aus der Mitteldistanz. Die beiden Bigs agierten ruhiger und punkteten nach Cuts oder Screen-Aktionen in Korbnähe. Anders gesagt: Sie zwangen die Timberwolves, mehr als eine Gefahr gleichzeitig zu kontrollieren.
Und sobald Minnesota an mehreren Stellen gleichzeitig löschen musste, öffnete sich woanders eine noch größere Lücke.
Shai ging mit einer 2-von-11-Quote in die Halbzeit, doch im dritten Viertel sahen wir den Shai aus der regulären Saison: den MVP-Kandidaten und eines der härtesten Matchups der Liga. Plötzlich war Minnesotas Abwehr überfordert. Die Zweifel, die die Thunder in der Runde gegen Denver fast ins Straucheln gebracht hätten, waren wie weggeblasen. Jetzt sind sie es, die Furcht verbreiten.
SHAI GETS THE BUCKET & FOUL 💪💪
Thunder end the 3Q on a 20-6 run & lead by 10 entering the fourth ⛈️
MIN-OKC | West Finals Game 1 | ESPN pic.twitter.com/bh9npfEVLp
— NBA (@NBA) May 21, 2025
Ein 20:6-Lauf öffnete schließlich das Spiel und katapultierte die Führung in den zweistelligen Bereich. Daigneaults Team machte keine Pause: Das Ballmovement war dynamisch, jede Aktion hatte ein klares Ziel, und die Thunder versprühten wieder diese gefährliche Aura: Jeder auf dem Feld kann dir wehtun.
Auf der anderen Seite passierte das Gegenteil. Mit Randles Abkühlung fehlte Minnesota die zuverlässige Scoring-Option, und nur sporadische Dreier gaben ihnen noch etwas Hoffnung. Doch bald stand die Wahrheit fest: Die Thunder glauben endlich an sich. Die Unsicherheiten aus der Denver-Serie sind weg, und sie spielen wieder wie das Team, das 68 Siege in der Regular Season geholt hat. Wer sie in den kommenden sechs Partien viermal schlagen will, steht vor einem riesigen Problem.
Schlüsselspieler
Das waren die Akteure, die OKC zum Sieg führten.
Shai Gilgeous-Alexander
Er geriet in der ersten Halbzeit in große Schwierigkeiten, hielt die Thunder aber mit Freiwürfen und konstanten Punkten im Spiel. In der zweiten Hälfte übernahm er dann komplett. Endlich fand er die Räume, um Eins-gegen-eins-Situationen zu gestalten und seine Würfe am Korb oder aus der Mitteldistanz zu kreieren. Danach war alles anders.
Jalen Williams
Bei ihm änderte sich der Auftritt nach der Pause ebenso drastisch. Man könnte sagen, dieser Umschwung war der eigentliche Startschuss. Sobald er die Wolves für ihren Fokus auf Shai bestrafte, gab es in diesem Duell ein klares Vorher und Nachher.
Chet Holmgren
Er dominierte zeitweise im Spiel unter dem Korb, punktete in Korbnähe, holte Rebounds auf beiden Seiten und schreckte Angriffe als Ringbeschützer ab – was Minnesotas Offensive zusätzlich drosselte. Wieder einmal zeigte sich sein unschätzbarer Wert für dieses Thunder-Team.
Spielstatistiken
Hier ein Blick auf die Werte beider Teams.
Oklahoma City Thunder
Spieler | MIN | PTS | FG | AST | REB | BLK | STL | +/- |
Jalen Williams | 33:08 | 19 | 7/18 | 5 | 8 | 0 | 5 | +13 |
Chet Holmgren | 25:50 | 15 | 6/9 | 3 | 7 | 2 | 1 | +8 |
Isaiah Hartenstein | 19:45 | 12 | 6/8 | 0 | 5 | 0 | 1 | +1 |
Luguentz Dort | 27:35 | 5 | 2/4 | 0 | 1 | 1 | 2 | +7 |
Shai Gilgeous-Alexander | 37:42 | 31 | 10/27 | 9 | 5 | 0 | 3 | +22 |
Cason Wallace | 33:03 | 3 | 1/3 | 7 | 3 | 0 | 1 | +21 |
Isaiah Joe | 13:29 | 7 | 1/2 | 1 | 8 | 0 | 0 | +11 |
Alex Caruso | 21:29 | 9 | 3/4 | 0 | 3 | 0 | 0 | +10 |
Kenrich Williams | 9:35 | 8 | 3/3 | 0 | 3 | 0 | 0 | +19 |
Aaron Wiggins | 12:57 | 2 | 1/3 | 0 | 3 | 0 | 0 | 0 |
Ajay Mitchell | 2:01 | 0 | 0/0 | 1 | 0 | 0 | 0 | +6 |
Ousmane Dieng | 1:58 | 0 | 0/0 | 0 | 0 | 0 | 0 | +6 |
Dillon Jones | 1:26 | 3 | 1/1 | 1 | 0 | 0 | 0 | +6 |
Minnesota Timberwolves
Spieler | MIN | PTS | FG | AST | REB | BLK | STL | +/- |
Jaden McDaniels | 23:44 | 7 | 3/5 | 3 | 6 | 1 | 1 | -10 |
Julius Randle | 35:40 | 28 | 9/13 | 1 | 8 | 0 | 1 | -17 |
Rudy Gobert | 21:20 | 2 | 1/3 | 1 | 3 | 1 | 1 | -2 |
Anthony Edwards | 36:34 | 18 | 5/13 | 3 | 9 | 1 | 0 | -23 |
Mike Conley | 22:53 | 7 | 2/8 | 3 | 3 | 0 | 0 | +5 |
Naz Reid | 27:45 | 4 | 1/11 | 4 | 8 | 1 | 0 | -21 |
Donte DiVincenzo | 30:04 | 9 | 3/14 | 2 | 1 | 1 | 2 | -20 |
Nickeil Alexander-Walker | 27:36 | 8 | 3/11 | 0 | 2 | 2 | 0 | -14 |
Jaylen Clark | 6:19 | 3 | 1/2 | 0 | 2 | 0 | 0 | -4 |
Terrence Shannon Jr. | 2:01 | 2 | 1/2 | 0 | 0 | 0 | 0 | -6 |
Rob Dillingham | 2:01 | 0 | 0/1 | 1 | 0 | 0 | 0 | -6 |
Josh Minott | 2:01 | 0 | 0/0 | 0 | 0 | 0 | 0 | -6 |
Luka Garza | 2:01 | 0 | 0/0 | 0 | 0 | 0 | 0 | -6 |
(Titelbild: Alonzo Adams/Imagn Images)